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Drum prüfe wer sich ewig bindet

Drum prüfe wer sich ewig bindet

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Es braucht schon ein hartes Herz, um beim Anblick eines tapsigen Welpen nicht zu schmelzen. Aber ein Hundekauf ist fast wie eine Eheschliessung. Nicht die Verliebtheitsphase ist entscheidend, sondern wie Sie sich verhalten, wenn nicht alles rund läuft. Denn die Anschaffung eines Hundes bedeutet Verantwortung, Einsatz und Beziehungsarbeit - während mehreren Stunden jeden Tag und das für gut 10 bis 15 Jahre. Fragt man den potentiellen Neuhundebesitzer, ob er oder sie sich der Tragweite ihres Wunschs bewusst sind, wird dies meist mit euphorischem Nicken beantwortet. Denn bereits seit Monaten hat man jede Sendung von Hundeprofi- und –flüsterer geschaut, alles über ergonomisch korrekte Wassernäpfe und orthopädische Hundebetten gelernt und ist nun parat, einem kleinen Fellknäuel Liebe zu geben.

Vor dem Hundekauf oder der –adoption gibt es allerdings einiges zu bedenken. Der absolut zentralste Punkt ist die Wahl des Hundes. Und hier liegt gleichzeitig das grösste Problem. Die Art und Weise, wie wir Menschen entscheiden– sei es für ein Auto, Partner oder Hund – ist zutiefst irrational. Denn obwohl wir uns mit rationalen Argumenten nachträglich zu beweisen versuchen, unser Entscheid sei wohl überlegt gewesen, hat unser Bauch bzw. das Unterbewusstsein das erste und letzte Wort schon lange ohne Einbezug der Vernunft gesprochen. Und so haben Sportmuffel plötzlich Huskys oder Samojeden zu Hause, Leute mit geringem Selbstwert Rottweiler oder Pitbulls und Stubenhocker Jagdhunde wie Terrier, Dackel oder Hütehunde wie Australien Shepards.

In seltenen Fällen kann die Folge sein, dass ein Couchpotato plötzlich bewegungsfanatisch wird oder ein antriebsloser Schlaffi mit dem tollen Hund auf dem Agility-Platz für Furore sorgt. Öfter als anders endet der Hundekauf in Frustration und schlimmstenfalls mit der Abschiebung des Vierbeiners ins Tierheim, weil der Hund so gar nicht zum Lebensstil des Halters passt.

Weg mit den süssen Puppy-Bildern - ran an die Fakten!

Idealerweise vergisst man bei der Hundewahl zunächst den Jöööh-Faktor, sondern „baut“ sich seinen Wunschhund anhand von Fakten.

1. Was möchten Sie mit dem Hund anfangen?

Agility, Obedience, Mantrailing, Hundeschlittenfahren, Such- und Rettung, Dogdance, Longieren, Wasserarbeit, Wachhund, Menschensuche, Tiersuche, Hütehund, Treibhund, Jagdhund, Schosshund, Familienhund oder einfach nur hündische Gesellschaft? Überlegen Sie sich, ob und was Sie gerne machen würden und suchen Sie dann bei den Rassen jene, die für die von Ihnen gewünschte „Spielrichtung“ geeignet ist.

2. Welche Charaktereigenschaft haben Sie selber?

Einzelgänger oder kontaktfreudig? Ausdauernd oder schnell gelangweilt? Geduldig oder mit heissem Temperament ausgestattet? Auch diese Punkte sollten in die Hundewahl mit einbezogen werden. Plakativ gesagt: sind Sie eher ein Einzelgängertyp, wählen Sie z.B. besser einen schwarzen Hund. Diese Felltypen werden notorisch in Tierheimen vergessen, weil viele Leute „Angst“ vor ihnen haben oder sie nach wie vor aus Aberglauben abgelehnt werden. Für Sie bedeutet dies, dass ein grosser Teil der Menschheit einen grossen Bogen um Sie machen wird.

Dürsten Sie hingegen nach zwischenmenschlichen Kontakten ist etwas süsses, flauschiges, weisses der Icebreaker schlechthin. Übrigens: sind Sie mit sich selber nicht im Reinen, sollten Sie sich gut überlegen, ob Sie einen Hund halten sollten. Denn Überforderung ist ein Hauptauslöser, weshalb Haushunde gequält oder misshandelt werden.

3. Wie viel Energie haben Sie effektiv?

Möchten Sie einen echten Sport-, Jogging-, Spazier- oder Wanderpartner? Oder sind 3 x 30 Minuten gemütliches Schlendern bereits ausreichend für Sie? Suchen Sie einen Hund, der Ihrem eigenen Temperament entspricht.

Achtung: Viele Leute verschieben die Hundeanschaffung auf den dritten Lebensabschnitt. Dann wägen Sie gut ab, ob ein Welpe/Junghund multipliziert mit der gewählten Gewichtskategorie überhaupt von Ihnen gehalten werden kann. Haben Sie aufgrund jahrelanger Hundeerfahrung eine Rassenpräferenz, die nicht unbedingt Ihrer Energie entspricht? Dann steuern Sie die Anschaffung über das Alter des Hundes. Seniorhunde freuen Sie ebenfalls über ein gutes Plätzchen und brauchen keine 20 km Auslauf täglich.

4. Wie viel Zeit möchten Sie für Ihren Hund täglich aufwenden?

Seien Sie sich bewusst, dass die Haltung eines Hundes einem 50 % Arbeitspensum entspricht (mindestens 21 Stunden pro Woche). Je nach Hund sind plus/minus 3 Stunden Spaziergänge Pflicht – und zwar jeden Tag, bei jedem Wetter - plus Zeit für Spass, Spiel, Füttern und Pflege. Ein Garten entbindet Sie nicht von der Pflicht, sich mit Ihrem Hund zu beschäftigen und mit ihm spazieren zu gehen. Denn bleibt der Hund den ganzen Tag allein im Garten, wird er nicht nur absolut nicht artgerecht gehalten, es wird wohl nicht erstaunen, dass er verständlicherweise unliebsame Neurosen entwickelt.

Selbstverständlich kann ein Petsitter unterstützen. Seien Sie umsichtig in der Wahl dieses. Ihr Hund kann Ihnen nur auf sehr subtile Art mitteilen, dass etwas nicht stimmt. Also setzen Sie sein Vertrauen nicht aufs Spiel.

5. Schmutz, Haare, Geruch und Gebell

Wir lieben unsere Hunde und tolerieren deshalb so einiges. Dennoch sind sich die meisten Neuhundebesitzer nicht bewusst, dass und wie stark ihre gepflegtes Heim leiden wird. Die Menge an Sand und Dreck, die Hundepfoten aber auch das Fell in die Wohnung trägt – ganz zu schweigen von der grossen Menge an Haaren, die je nach Hunderasse mehr oder weniger ganzjährig flächendeckend auf den Boden rieseln, ist beträchtlich. Je nach Hunderasse und Alter kann der Hund mehr oder weniger stark riechen. Zu bedenken ist auch das mehr oder weniger stark ausgeprägte „Kommunikationsbedürfnis“ der Hunde, welches rasch zu Ärger mit den Nachbarn führen kann.

6. Reinrassig oder Mischling

Der Vorteil eines reinrassigen Hundes ist, dass dieser hinsichtlich gewisser Charakteristiken und Fähigkeiten gezüchtet wurde. Bei anerkannten Züchtern wird zudem darauf geachtet, dass die Elterntiere gesund sind. Obwohl jeder Hund anders ist, können entsprechende Grundcharakteristiken abgeschätzt werden.

Bei einem Mischling braucht es schon etwas mehr Erfahrung um Herauszufinden, welche Neigungen er aufweisen kann. Dies kann deshalb ein Problem darstellen, weil Sie alle hier vorgängig abgehandelten Punkte weniger gut einschätzen können. Einen interessanten Artikel dazu finden Sie im folgenden Online-Artikel: "Wie berechenbar ist der Charakter von Mischlingen?" (Experten-Interview)

7. Hundezucht – ein Marketingthema

Informiert man sich über eine Hunderasse, sollte man sich bewusst sein, dass das Rasseportrait häufig von Menschen mit bestimmten Interessen oder aber einer Leidenschaft für die Rasse geschrieben wurde. Dies drückt sich in vielen emotional geladenen Sätzen aus, die dazu dienen, dass wir uns genauso einen Hund wünschen und zwar sofort. Und so seufzt man ob der Loyalität des Vierbeiners oder freut sich über antiallergene Eigenschaften des Hundes und überlegt sich gar nicht, was denn diese Begriffe im Alltag effektiv bedeutend könnten. Lesen Sie hier ein spannendes anderes Rasseportrait zum Akita Inu oder einen kritischen Bericht zum Thema Designerhunde.

8. Geld

Zu den Kosten, die ein Hund über die Lebenszeit generiert (ohne ausserordentliche Spital-/Tierarztkosten) sind sich die Quellen uneins. Kein Wunder, variieren die Kosten für Futter, Kurse, Accessoires doch markant. Man kann jedoch sagen, dass diese gut und gern zwischen CHF 20‘000 – 40‘000 liegen. Darin eingerechnet sind weder die Aufwendungen für den übermässigen Verschleiss der Wohninfrastruktur (z.B. Kratzer auf dem Parkett) noch jene für das Auto, welches bestenfalls an andere Hundebesitzer verkauft werden kann, sollte man keinen weiteren Hund mehr halten wollen (vgl. "Checkliste für angehende Tierhalter" - Kassensturz)

Finden Sie alle in diesem Artikel zitierten Quellen und Links nochmals hier: